Freitag, 1. September 2006 Vom Wissen zu den Fähigkeiten Neue Trends in Engineering-Abteilungenuzwil. «Engineering» ist das moderne Synonym für die Arbeitsprozesse in Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen bei Industrie und Gewerbe. An einem Symposium wurden Ingenieure aus der Region über ihr sich wandelndes Berufsumfeld orientiert. miachael hug Was früher ein Erfinder war, nennt sich heute Ingenieur – oder neudeutsch: Engineer. Dass sich die Erfinder schon seit alters her ausgetauscht haben, zeugt der heuer begangene 100. Geburtstag der Sektion Wil und Umgebung der Vereinigung «Swiss Engineering». Blick in die ZukunftNebst verschiedenen Feierlichkeiten sah das Jubiläumsprogramm auch ein Symposium mit Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft vor. Dieses hat am Mittwochabend im Gemeindesaal mit rund 120 Ingenieuren und Arbeitgebervertretern stattgefunden. Der Präsident der Wiler Sektion von Swiss Engineers, Werner Käufeler, Direktor der TMF Tiermehlfabrik Bazenheid AG, formulierte die Ziele des Symposiums so: «Wir wollen anlässlich unseres Jubiläums nicht in die Vergangenheit schauen, sondern uns nach vorne orientieren!» Die Themen, zu denen die vier Referenten sprachen, waren denn auch zukunftsorientiert, gar visionär. Oliver Schmid-Schönbein, geschäftsführender Partner der Firma E2 Management Consulting AG aus Zürich, sprach zum Thema «Nachhaltigkeit: Von gesellschaftlichen Trends zu unternehmerischen und technischen Herausforderungen». «Bereits investiert die Finanzbranche 10 Milliarden Franken in nachhaltig arbeitende Unternehmen!», sagte Schmid, und stufte dies – global gesehen – als zwar wenig ein, aber ortete dies als nicht mehr aufzuhaltenden Trend der Wirtschaft. Tiefer in die Praxis blicken liess Stefan Scheiber, Mitglied der Konzernleitung und Leiter der Division Sales und Services bei der Bühler AG. Er zeigte den Wandel bei Bühler auf: «Wir steuern vom Maschinenentwickler zum Produkteentwickler, der die Maschinen dazu liefert.» In den Entwicklungsabteilungen gehe der Trend vom Handwerk zur Wissenschaft. In den Engineering-Denksälen stehe funktionale Qualität vor reinem Technologiedenken. Nachhaltigkeit sei daher ein Gebot dessen, «was der Markt will!» Wandel in der AusbildungProfessor Dr. Hermann Mettler, Rektor der HSR Hochschule für Technik in Rapperswil, erläuterte den Wandel auf Stufe Ausbildung: «Veränderte Marktbedingungen führten zu einem Umdenken in der Ausbildung.» Heute werde in Kommunikationskompetenz und Koorporationsfähigkeit investiert, meinte Mettler. «Ein teamunfähiger Ingenieur ist weg vom Fenster!», sagte der Rektor. In die teamorientierte Projektarbeit werde auch die Industrie mit einbezogen. Studierende lernen die Praxis kennen, andererseits werden Produkte entwickelt, für die tatsächlich ein Bedarf besteht. Mettler: «Der Trend an den Fachhochschulen geht weg von der Wissensvermittlung hin zum Vermitteln und Entwickeln von Fähigkeiten!» Verlust oder Gewinn an FreiheitTief ins Gewissen der bereits aus- und weitergebildeten anwesenden Ingenieure sprach Professor Dr. phil. Hans Peter Schreiber aus Basel. Schreiber ist Theologe, Philologe und Biologe, Vorsitzender der Ethikkommission der ETH Zürich und Mitglied des Ethik-Rats der Novartis AG. Schreiber zum Begriff Nachhaltigkeit: «Nachhaltigkeit sollte wünschenswerte Lebensbedingungen für die künftigen Generationen sichern.» Insofern sei es die jetzige Generation, die mit ihrem Wissen (und Gewissen) darüber entscheide. Doch: «Wissen kann ein Zuwachs an Freiheit bedeuten. Aber auch ein Verlust, wenn die Entscheidung, etwas wissen zu wollen, nicht von einem selbst, sondern von der Gesellschaft oder eben vom Arbeitgeber getroffen wird!» |